Ohne_Titel_1
navigation

Meditation


Selbsterkenntnis ist Gotterkenntnis.

Dies ist ein bester Weg zum Jesus Christus!

Kommt her zu mir alle,

die ihr niedergedrückt und belastet seid:

ich will euch Ruhe schaffen!

(Matthäus Kapitel 11, Vers 28)

Tiefe durch Schweigen


Der heutige Mensch scheut das Schweigen ganz besonders. Es fällt ihm schwer, für sich allein innezuhalten. Immer drängt es ihn, in Bewegung
zu sein, etwas zu unternehmen und etwas zu sagen. Und so ist denn sein
Handeln meistens nicht frei, schöpferisch und dynamisch, wie er gern annimmt; es ist zwanghaft.

Wenn man lernt, innezuhalten und zu schweigen, wird man frei, zu handeln oder nicht zu handeln, zu reden oder nicht zu reden, und menschliches Reden und Handeln erlangen dann neue Tiefe und neue Kraft.

Der heutige Mensch kann nicht mehr tief in sich gehen. Sobald er es
versucht, wird er aus seinem Herzen gleichsam herausgeschwemmt, so wie
die See eine Leiche ans Ufer spült. Der Mensch kann nur glücklich
werden, wenn er zu den Quellen des Lebens in den Tiefen seiner Seele
gelangt;

doch wird er dauernd aus seinem Zuhause verbannt und aus der
stillen Klause seines geistlichen Lebens ausgeschlossen. Somit hört er auf,
Person zu sein.

Der Dichter Khalil Gibran sagt: „Man redet, wenn man nicht mehr mit
sich selbst in Frieden lebt. Und wenn man nicht mehr in den Tiefen seines
Herzens wohnen kann, lebt man auf seinen Lippen. Dann wird Getön zum
Vergnügen und zum Zeitvertreib.“


Die Offenbarung des Schweigens


„Schweigen ist die große Offenbarung“, hat Laotse gesagt. Wir haben uns
daran gewöhnt, die Heilige Schrift für die Offenbarung Gottes zu halten.

Und das ist auch richtig. Nun aber sollst du die Offenbarung des Schweigens
entdecken. Um die Offenbarung aufzunehmen, welche die Heilige
Schrift anbietet, musst du dich innerlich der Heiligen Schrift öffnen.

Um die Offenbarung des Schweigens aufzunehmen, musst du zunächst das Schweigen erfahren. Das ist nicht leicht. Wir wollen es in unserer ersten Übung versuchen.

Jeder soll eine bequeme Sitzhaltung einnehmen. Schließt die Augen.
Ich lade euch ein, etwa zehn Minuten lang Schweigen zu bewahren.

Versucht, still zu werden, so vollkommen wie möglich - versucht, ein
Schweigen des Herzens und der Gedanken zu erreichen.

Habt ihr es erreicht, öffnet euch den verschiedenen Offenbarungen des Schweigens.

Nach zehn Minuten bitte ich euch, die Augen zu öffnen und uns
mitzuteilen, was ihr getan und was ihr in diesen zehn Minuten erfahren
habt.

Erzählt uns dabei auch, auf welche Weise ihr euch um Schweigen bemüht
habt und wie erfolgreich eure Bemühungen waren. Beschreibt dieses
Schweigen, so gut ihr könnt. Schildert, was ihr in diesem Schweigen
erfahren habt. Sprecht alles aus, was ihr während dieser Übung gefühlt
und gedacht habt.

Die Erfahrung, die diese Übung vermittelt, ist von Mensch zu Mensch
verschieden. Die meisten entdecken zu ihrer Überraschung, dass sie an
Schweigen einfach nicht gewöhnt sind. Auch mit der größten Anstrengung
können sie nicht das ständige Umherschweifen der Gedanken unterbinden
oder den Aufruhr der Gefühle beruhigen. Andere spüren, wie sie sich den
Anfängen des Schweigens nähern. Dann erfasst sie Panik, und sie kehren
um. Schweigen kann ein furchterregendes Erlebnis sein.

Kein Grund zur Entmutigung. Selbst dieses Umherschweifen der
Gedanken ist eine große Offenbarung, nicht wahr? Die Tatsache, dass du
umherschweifende Gedanken hast: Ist das nicht eine Offenbarung von dir
selbst? Es genügt nicht, das zu wissen. Du musst dir Zeit lassen, die
umherschweifenden Gedanken zu erfahren. Und die Art, wie deine
Gedanken umherschweifen, welche Wege sie gehen: auch das ist eine
Offenbarung!

Und nun ein Wort der Ermutigung: Die Tatsache, dass dir überhaupt
bewusst wird, wie sehr deine Gedanken umherschweifen, dass du den
inneren Aufruhr und deine Unfähigkeit, ruhig zu sein, wahrnimmst, zeigt,
dass du doch ein wenig Schweigen in dir hast, genug zumindest, dass dir
diese Dinge bewusst werden.

Schließe die Augen wieder und werde dir deiner umherschweifenden
Gedanken bewusst ... nur zwei Minuten lang...

Nun empfinde das Schweigen, durch das du deine umherschweifenden
Gedanken wahrnehmen konntest.

Während das Schweigen wächst, wird es dir immer mehr über dich selbst
offenbaren. Oder genauer: Das Schweigen wird dir dich selbst offenbaren.

Das ist seine erste Offenbarung: du selbst. In und durch diese Offenbarung wirst du Dinge erlangen, die du mit keinem Geld der Welt kaufen kannst -

Dinge wie Weisheit, Heiterkeit, Freude und Gott.

Um diese unbezahlbaren Dinge zu bekommen, genügt es nicht,
nachzudenken, zu reden, zu diskutieren. Du wirst dich abmühen müssen.

Mache dich sofort an die Arbeit.

Schließe die Augen. Bemühe dich noch einmal fünf Minuten lang um
Schweigen.

Überlege am Ende der Übung, ob deine Versuche diesmal erfolgreicher
waren oder weniger erfolgreich.

Überlege, ob das Schweigen dir diesmal etwas gezeigt hat, was du das
letzte Mal nicht bemerkt hattest.

Suche in den Offenbarungen des Schweigens nicht nach aufregenden
Dingen - nach Eingebungen, Inspirationen, Einsichten. Suche überhaupt
nicht. Beschränke dich darauf, zu beobachten. Bemerke alles, was in dein
Bewusstsein kommt. Alles, und sei es noch so banal und gewöhnlich. Die
Offenbarungen bestehen vielleicht nur in dem Bewusstsein, dass deine
Hände feucht sind, dass du gern deine Sitzhaltung ändern würdest oder
dass du dir Sorgen um deine Gesundheit machst. Das aber ist ohne
Bedeutung. Wichtig ist, dass du dir dessen bewusst geworden bist. Der
Inhalt dieser Wahrnehmung ist weniger wichtig als ihre Intensität.

Je intensiver die Wahrnehmung wird, desto tiefer das innere Schweigen. Und während das Schweigen tiefer wird, erlebst du eine Wandlung. Und zu
deiner Freude wirst du entdecken, dass Offenbarung nicht in Wissen
besteht, sondern in Kraft; eine geheimnisvolle Kraft, die eine Umwandlung
in dir bewirkt.
Ohne_Titel_1